Asylanhörung ohne Rechtsvertretung?
Position der Freiplatzaktion Zürich
Position als pdf herunterladen
Der Bundesrat hat am 1. April die Verantwortung für die Teilnahme an den Anhörungen kurzerhandan die Rechtsvertretung übertragen, indem er in Art. 6 der Verordnung festhält, dass Anhörungen auch ohne die Rechtsvertretung durchgeführt werden können und ihre Rechtskraft entfalten. Damit wird die Verantwortung für ein faires Asylverfahren an die mandatierten Rechtsberatungsstellen abgeschoben, die nun diese schwierige Entscheidung fällen müssen. Als«Kompensation» hat der Bundesrat beschlossen, die Beschwerdefrist von 7 auf (die in fast allen Rechtsbereichen üblichen) 30 Tage zu verlängern. Eine längere Beschwerdefrist ist aber in keiner Weise eine Kompensation für eine Anhörung, die ohne Rechtsvertretung durchgeführt wurde.
Mit der nun gefällten Entscheidung bringt uns der Bundesrat in eine unmögliche Situation: Wir müssen uns entscheiden, ob wir die Gesundheit aller Beteiligten und die Eindämmung des Virus oder den Rechtsschutz für die Asylsuchenden höher gewichten. Diese Entscheidung müssen sowohl wir in der Freiplatzaktion Zürich fällen, wenn es darum geht,wie viele Klient*innen wir noch empfangen können, wie wir Dolmetschende organisieren, ob wir es unseren Mitarbeitenden generell noch zumuten können, persönliche Beratungen durchzuführen. Diese Entscheidung müssen aber auch all jene Rechtsvertretende fällen, die in den beschleunigtenund erweiterten Verfahren an Anhörungen teilnehmen müssen.
Für die betroffenen Asylsuchenden bedeuten die Massnahmen des Bundes, dass sie weiterhin – entgegen den Empfehlungen des BAG - mit dem ÖV durch die ganze Schweiz reisen und dann mehrere Stunden in engen Räumen an Anhörungen teilnehmen müssen.
Sie müssen weiterhin damit rechnen, einen negativen Entscheid zu erhalten, und sich juristische Hilfe holen, obwohl viele Beratungsstellen die offenen Beratungen eingestellt oder zumindest stark eingeschränkt haben, und es zurzeit fast unmöglich ist, Dolmetschende zu finden.
Sie müssen ihre gesundheitlichen Probleme weiterhin selber durch Arztberichte belegen, obwohl es unmöglich ist, zurzeit Arztberichte zu erhalten oder eine Therapie aufzugleisen.
Der Bundesrat hat es damit geschafft, nicht nur weitgehend die Augen zu verschliessen vor den Problemen, mit denen Asylsuchende und die im Asylverfahren involvierten Organisationen in der Corona-Krise konfrontiert sind. Er hat die aktuelle Krise auch noch zum Anlass genommen, den Rechtsschutz noch weiter einzuschränken, als er durch die Krise ohnehin schon ist.